Strom: Wie Unternehmen mit Flexibilitäten Geld verdienen oder sparen

Energieerzeugung

22.09.2020

5 Minuten

Flexibilität gehört im Kontext der Stromversorgung zu den „Topthemen“, die momentan in aller Munde sind. „Flexibilität“, damit ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit gemeint, den Stromverbrauch von Maschinen und Anlagen oder die Produktion von Eigenstrom bewusst so zu steuern, dass daraus ein monetärer Mehrwert für deren Betreiber entsteht.

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Erstellt von Christian Flöring

Flexibilität gehört im Kontext der Stromversorgung zu den „Topthemen“, die momentan in aller Munde sind. „Flexibilität“, damit ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit gemeint, den Stromverbrauch von Maschinen und Anlagen oder die Produktion von Eigenstrom bewusst so zu steuern, dass daraus ein monetärer Mehrwert für deren Betreiber entsteht. Dadurch eröffnen sich zum Beispiel produzierenden Unternehmen wie der Chemie- und Pharmaindustrie, aber auch Eigenstromerzeugern sowie Betreibern von Rechenzentren zahlreiche Chancen, Energiekosten zu optimieren und das wirtschaftliche Potential ihrer Eigenerzeugungsanlage vollständig zu nutzen.

 Zum Marktblitzvideo: Was ist Flexibilitätsvermarktung?

Warum Regelenergievermarktung nicht immer das Richtige ist

Was den Umgang mit Flexibilität betrifft, existieren verschiedene Konzepte, mit deren Hilfe sich Einsparpotentiale oder zusätzliche Erlöse erschließen lassen. Bekannt, und mit diesem Beitrag ein eng verwandtes Thema, ist z. B. die Regelenergievermarktung.

Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien entstehen im deutschen Stromnetz starke Schwankungen. Weht gerade kein Wind oder scheint keine Sonne, müssen die Netzbetreiber für einen Ausgleich sorgen, da sich die Erzeugung und der Verbrauch elektrischer Energie immer die Waage halten müssen. Dies bewerkstelligen die Netzbetreiber durch den Einsatz von sogenannter Regelenergie (auch: Regelleistung). Gehandelt wird mit diesen Reserven auf einer speziellen Plattform der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber, dem Regelenergiemarkt.

Herrscht im Stromnetz zum Beispiel ein Überangebot vor, reagieren die Netzbetreiber, indem sie die im Regelenergiemarkt befindliche Anlagen zusätzlichen Strom aus dem Netz entnehmen lassen. In diesem Zusammenhang sprechen wir von „negativer Regelenergie“.

Entsteht dagegen eine nicht prognostizierte, erhöhte Stromnachfrage, gleichen die Netzbetreiber diese mit kurzfristigen Einspeisungen der im Regelenergiemarkt befindlichen Anlagen in ihr Stromnetz aus. Mithilfe dieser „positiven Regelenergie“ stellen sie auch hier wieder das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Entnahme sicher.

Unternehmen, welche Regelenergie bereitstellen, leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Stabilität der Stromnetze und zur allgemeinen Versorgungssicherheit. Unabhängig davon, ob ihre Regelenergie genutzt wird, erhalten sie dafür eine „Bereitschaftsvergütung“. Wird ihre Regelenergie wirklich eingesetzt und abgerufen, erhalten sie zusätzlich zu der Bereitschaftsvergütung auch einen Arbeitspreis für die zur Verfügung gestellte Leistung (positiv oder negativ).

Der Haken für Anbieter und Unternehmen: Die Erlöse auf dem Regelenergiemarkt sind in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Darüber hinaus besteht für viele kleine und mittelständische Geschäftskunden nur die Möglichkeit, ihre Leistung in einem Pool mit anderen kleineren Kunden zusammengefasst anzubieten. Eine individuelle Vermarktung ist für sie in einem solchen Pool nicht möglich – die Erlöse hängen direkt von der Vermarktungsstrategie des jeweiligen Poolbetreibers ab.

Flexibilität: Management und Vermarktung unter Berücksichtigung der individuellen Anforderungen, Präferenzen und Rahmenbedingungen

Aus diesen Gründen ist der Regelenergiemarkt für die eigenen Flexibilitäten nicht immer der optimale Vermarktungskanal. Besser dafür geeignet ist in vielen Fällen der Intraday-Handel auf dem Spotmarkt der European Power Exchange (EPEX), der europäischen Energiebörse in Paris. Dort findet der Handel mit kurzfristig lieferbaren Strommengen statt. Unternehmen, die hier ihre Flexibilitäten vertreiben, können dadurch deutlich höhere Einnahmen generieren – oder Kosten sparen, indem sie Strom auf diesen Märkten zu besonders günstigen Zeitpunkten dazukaufen. Die Ertragskraft ist dabei immer direkt von der Höhe der zur Verfügung gestellten Leistung (Flexibilität) abhängig.  

Vertreiben Unternehmen ihre Flexibilitäten auf dem Intrayday-Markt oder stillen sie ihren Bedarf dort durch kurzfristige Zukäufe, sprechen wir von Flexibilitätsvermarktung. Eng damit verknüpft ist das Flexibilitätsmanagement. Es schafft die Grundlage für die Vermarktung von freigewordenen Leistungsreserven oder den Zukauf bei Leistungsreduzierung der Eigenerzeugungsanlage unter Berücksichtigung der jeweils wirtschaftlichsten Variante auf Basis von Preissignalen. Fremdbezug, Eigenerzeugung und sogar eine mögliche Zwischenspeicherung werden dabei unter Anwendung  anlagenspezifischer Kosten- und Preisvorgaben so optimal wie möglich aufeinander angepasst, dass Kunden dabei sowohl Planungssicherheit für die betriebenen  Anlagen, als auch erträgliche Zusatzerlöse durch eine optimale Strategie generieren.

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Dazu ein kleines Beispiel: Nehmen wir an, ein Industrieunternehmen hat in seiner Produktion die Eigenversorgung mit Strom auf Basis eines BHKWs  (Blockheizkraftwerk) integriert. Produziert das BHKW nun den ganzen Tag über konstant Strom für die Produktion, so geschieht das im Regelfall unter der Annahme, dass  der selbst produzierte Strom  günstiger als der am Markt dazugekaufte ist. Diese Annahme resultiert in der Regel aus Amortisationsrechnungen und Investitionsentscheidungen in der Projektentwicklung. Die Volatilität der Energiemärkte führt in der operativen Praxis aber oft zu Abweichungen von ursprünglichen und zugrunde gelegten Annahmen über die Preisentwicklung. Eine Berücksichtigung der tatsächlichen Preise beim operativen Einsatz und Betrieb eines BHKW kann dessen Wirtschaftlichkeit wesentlich erhöhen. Durch systematisches Flexibilitätsmanagement steuert das Unternehmen den Betrieb dieses BHKWpreisorientiert so, dass dieses nur dann im Hochlast-Betrieb arbeitet (also viel Strom erzeugt), wenn die Preise am Intraday-Markt höher sind, als die der Eigenerzeugung. Überschüssiger Strom wird somit an den Markt verkauft. Im Gegenzug wird dann die Eigenerzeugung heruntergefahren (also wenig Strom erzeugt), wenn die Preise am Intraday-Markt deutlich geringer sind, als die Kosten der Eigenerzeugung.
 
Unser Beispielunternehmen kann demnach einerseits Kosten sparen, wenn es im Laufe des Tages zu den besonders günstigen Zeitpunkten Strom vom Markt bezieht. Andererseits kann es Erlöse generieren, wenn es eigenen, überschüssigen Strom zu möglichst hohen Preisen am Markt verkauft.

Voraussetzungen für die Flexibilitätsvermarktung

Die Herausforderung besteht in der Verfügbarkeit und Verarbeitung von zeitbezogenen Leistungsdaten (Bedarf vs. Überschuss) sowie Preisinformationen. Ohne professionelle Unterstützung und IT-Systeme lässt sich die Flexibilitätsvermarktung für Unternehmen nur schwer durchführen. Zum einen ist es häufig schwierig, Flexibilitätspotentiale in den eigenen Prozessen ohne Vorerfahrung zu identifizieren.

Das gelingt aber zum Beispiel durch die Zusammenarbeit mit Energieversorgern, die diese Fähigkeiten als Dienstleistung anbieten und ihre Kunden dabei von Anfang bis Ende unterstützen – von der ersten strategischen Beratung über die Erstellung von „Anlagen-Fahrplänen“ bis hin zum Handel an der Strombörse.

Zum anderen müssen Unternehmen für die Flexibilitätsvermarktung eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, die mithilfe professioneller, erfahrener Unterstützung leichter umzusetzen sind:

  • Bei der Flexibilitätsvermarktung handeln Unternehmen auf dem Spotmarkt der EPEX. Dafür braucht es eine Börsenzulassung, über die – wenn überhaupt – nur spezialisierte Mitarbeiter in sehr großen Unternehmen verfügen. Alle anderen brauchen einen strategischen Partner, der dazu in der Lage ist, den Hochgeschwindigkeitshandel auf dem Intraday-Markt zu betreiben.
  • Darüber hinaus brauchen Unternehmen geeignete IT-Systeme, die Verbrauchsdaten (möglichst in Echtzeit) liefern und übertragen können. Dafür eignen sich zum Beispiel intelligente Messsysteme.
  • Weil der Handel auf dem Spotmarkt sehr kurzfristig stattfindet, müssen Unternehmen dafür qualifizierte Mitarbeiter sowie geeignete Prozessstrukturen und IT-Systeme bereitstellen. Nur dann kann die Flexibilitätsvermarktung zu jeder Tages- und Nachtzeit effizient durchgeführt werden.

Sie sehen: Um von der Flexibilitätsvermarktung profitieren zu können, sind in der Regel Vorinvestitionen nötig. Diese amortisieren sich allerdings in den meisten Fällen bereits nach kurzer Zeit. Denn die Chancen, dadurch Geld zu verdienen oder zu sparen, sind in vielen Fällen beträchtlich.

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Kontakt

Ob Flexibilitätsvermarktung für ein Unternehmen das Richtige ist, lässt sich leider nie pauschal sagen. Wie eingangs erwähnt, ist das Verfahren vor allem für Industrie-, Pharma- und Chemieunternehmen interessant, aber auch für die Betreiber von Rechenzentren oder andere energieintensive Unternehmen. Sie können von der hohen Volatilität der Preise im Tagesverlauf an der Strombörse profitieren.

Ob das auch für Ihr Unternehmen gilt, können wir gerne besprechen.

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